Was Psychotherapie nicht kann

Mitunter versprechen sich Menschen, die in die Praxis kommen, auch zu viel von einer Psychotherapie. Psychotherapie ist kein Zaubermittel.
In einer Psychotherapie geht es darum, gemeinsam an krankheitswertigen Problemen zu arbeiten in Richtung eines vorher abgestimmten Zieles. Wichtig an diesem Satz ist mir das Wort "gemeinsam" - und genau genommen müssen Sie sogar mehr arbeiten als ich. Denn ich kann Ihnen nicht Ihre Probleme oder unangenehmen Gefühle oder Vorerfahrungen "wegmachen" oder abnehmen. Ich kann Ihnen nicht das Leben leichter machen, als es ist. Aber wir können uns Ihre persönlichen Herausforderungen und Schwierigkeiten gemeinsam ansehen. Ich bin bereit, Sie dabei zu unterstützen. Ich versuche, Ihnen ein genaueres Hinsehen und Erkennen zu ermöglichen, und Ihren Horizont und Handlungsspielraum dabei nach Möglichkeiten zu erweitern. Ich lasse Sie an meinem Fachwissen teilhaben, welches Vorgehen sich bei welchen psychischen Problemen bewährt.
 
Ihr Umgang mit Ereignissen, mit sich selbst, wie Sie denken und wie Sie Dinge bewerten, kann sehr viel bewirken. Aber die psychologischen Mittel sind keine Wunderwaffen gegen alles.
Ihr Verhalten, wie Sie mit sich selbst umgehen, wie Sie andere Menschen behandeln, was Sie tun oder lassen, verändert sehr viel. Es ist jedoch unrealistisch, sich selbst so zu "optimieren", dass man ein ganz neuer Mensch wird, der optimal lebt, nie Dinge aufschiebt, nur noch gute und gesunde Dinge tut, nur noch Erfolg hat, plötzlich ein mutiger "Draufgänger" ist... Kurzfristig ist dies möglicherweise, zumindest als Illusion, erreichbar, zum Beispiel mit Hilfe eines starren Sekten-Systems. Langfristig wird es nicht funktionieren. Sie werden (zum Glück) der Mensch bleiben, der Sie sind, und Ihre Stärken und Schwächen haben.

Und ich kann es leider auch nicht für Sie tun, Schritte umsetzen, die kurzfristig schwer fallen, aber langfristig positive Veränderungen bewirken. Es verändert sich nur das, was Sie selbst verändern.

Psychotherapie kann auch nicht andere Menschen verändern. Wenn Sie ausschließlich unter anderen Menschen leiden, oder unter der Gesellschaft, unter finanziellen Problemen etc, dann lesen Sie bitte unter "Alternativen", welche Beratungsstellen Sie unterstützen können.

Wichtig ist mir hierbei auch, dass ich stets in Ihrem Sinne und auf Ihre Ziele hin arbeiten möchte - und nicht auf die Ziele Ihrer/s Partnerin/s, Ihrer Verwandten oder Ihres Arbeitgebers. Ich bin niemandem Rechenschaft schuldig über die Art an Veränderungen, die Sie durchlaufen. Zudem habe ich in Bezug auf potentielle sozialmedizinische Fragestellungen (wie z.B. Berentung, Arbeitsunfähigkeit, Berufsunfähigkeit, Sorgerecht etc.) keine Entscheidungsbefugnis. Mitunter stellt der Medizinische Dienst der Krankenkassen oder die Deutsche Rentenversicherung Anfragen über die Symptome und Einschränkungen sowie den Therapieverlauf, zu deren Beantwortung jedoch Ihre Schweigepflichtsentbindung nötig ist - d.h. Sie können dies auch ablehnen. Zu bestimmten Stellungnahmen wie z.B. bei gerichtlichen Anfragen bin ich allerdings ggf. verpflichtet.
 
Psychotherapie hat auch Grenzen. Zum Einen sind dies eng gefasste ethische Grenzen, wie z.B. dass persönliche Kontakte oder gar sexuelle oder Liebesbeziehungen zwischen Therapeut*in und Patient*in zu unterlassen sind und eine Straftat seitens der/s Therapeut*in darstellen. Zudem dürfen Psychotherapeut*innen aus dem Kontakt keine persönlichen Vorteile ziehen wie z.B. eine Erbschaft, ein größeres Geschenk oder einen Vorzug bei einer Dienstleistung oder einem Kauf. Auch das Verrichten von Tätigkeiten für die/den Therapeut*in wie z.B. die Arbeit als Reinigungs- oder Bürokraft sollen nicht durch Patient*innen erfolgen. Diese Regelungen dienen dazu, das in der Psychotherapie bestehende Machtverhältnis nicht zu missbrauchen.

Wenn es im Privatbereich / in der Freizeit oder auch in beruflichen Kontexten zu einem unerwarteten Aufeinandertreffen kommt, gehe ich stets so vor, dass ich die/den Patient*in nicht von mir aus grüße oder die Bekanntheit zu erkennen gebe. Wenn die/der Patient*in von sich aus grüßt, grüße ich zurück, und halte ansonsten den Kontakt so gering wie möglich. Dies soll beiden Seiten unangenehme Situationen ersparen.
 
Manchmal kann es auch vorkommen, dass Patient*innen sich mehr an persönlicher Zuwendung wünschen, als es zu einer Psychotherapie gehört. So ist die Dienstleistung der Psychotherapie zwar von (per definitionem einseitiger) Empathie und Vertraulichkeit geprägt, aber die Zuständigkeit der professionellen Zuwendung liegt im ambulanten Bereich im klar definierten Rahmen von i.d.R. 50 Minuten Gesprächszeit in der Praxis zu festgelegten Zeitpunkten, selten darüber hinaus zu vereinbarten kurzen Zwischentelefonaten in besonderen Situationen zu vereinbarten Zwecken. Bereitschaftsdienste, auch in Notlagen, sind nicht vorgehesen, werden aber sehr gut von anderen Diensten abgedeckt (siehe dazu auch hier).
Auch kann eine Psychotherapie keine Freundschaft ersetzen und ist stets eine an Zielen orientierte Zusammenarbeit auf Zeit, in der es zudem - im Gegensatz zu einer Freundschaft - stets und ausschließlich um die Belange der behandelten Person geht. Wenn  Sie merken, dass Ihnen vertrauensvolle Gespräche gut tun und außerhalb der Therapie bzw. nach Therapieende fehlen könnten, könnte das Knüpfen, Halten und Vertiefen von persönlichen Kontakten in Ihrem Umfeld ein (Therapie-)Thema sein, dem Sie sich widmen sollten.
 
Manche, die sich Psychotherapeut*innen nennen, versprechen auch den Hilfesuchenden zu viel - zum Beispiel Heilung von schweren körperlichen Krankheiten wie Krebs durch die Macht der Gedanken. Wenn dies misslingt, ist angeblich immer der Patient Schuld, nie das falsche Versprechen.